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Pseudoimperiale Prägungen
Erste Stufe eigener Münzprägungen in allen Völkerwanderungsreichen sind pseudo-imperiale Prägungen. Als solche bezeichnet man Nachahmungen kaiserlicher Münzen in Gold (Solidi und Trienten) und Silber (Siliquen). Die Spannbreite reicht dabei von getreulichen Kopien bis hin zu in Bild und Schrift stark entstellten Produkten. Die genaue Zuweisung solcher Münzen ist schwierig. Die wichtigsten Hilfsmittel hierzu sind Stilvergleiche und Fundvorkommen. Daraus lassen sich bestimmte landschaftliche Eigentümlichkeiten („Fabriken“) ableiten und auf dieser Grundlage zum Beispiel vandalische, ostgotische, langobardische, suebische, westgotische, burgundische oder fränkische Imitationen ermitteln. Es ist anzunehmen, daß auch andere Völker – etwa Rugen, Gepiden, Hunnen – mit solchen Imitationen hervorgetreten sind. Die Nachahmungen der Solidi beginnen im germanischen Raum im 4. Jahrhundert n. Chr. und haben ihren Höhepunkt im 5. und der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Seit der Reichsteilung von 395 und den eigenen Kaisern im Weströmischen und im Oströmischen Reich, also seit Honorius (395-423) im Westen und Arcadius (395-408) im Osten, sind praktisch Solidi aller Herrscher bis zum Ende des 6. Jahrhunderts, bis etwa Heraclius (610-641) nachgeahmt worden.
Die Völkerwanderung
Als Völkerwanderung wird der Zeitraum vom späten 4. bis etwa zum Ende des 7. Jahrhunderts bezeichnet. Diese Zeit ist gekennzeichnet durch den Untergang des Weströmischen Reiches (476) und Staatsgründungen verschiedener germanischer Völker auf dem Boden des einstigen Römischen Reiches (Vandalen, Goten, Langobarden, Burgunder, Franken). Die neuen Herren übernahmen zunächst, soweit sie überhaupt Münzen prägten, die römischen Vorbilder. Diese sog. pseudoimperialen Münzen in Gold (Solidi und Trienten) und Silber (Siliquen) sind bisweilen nur an kleinen Äußerlichkeiten, bestimmten Zeichen oder einem abweichende Stil, bisweilen aber auch durch eine starke Barbarisierung von den römischen Kaisermünzen zu unterscheiden. Ende des 5., Anfang des 6. Jahrhunderts traten dann Vandalen, Ostgoten und Burgunder mit eigenen, den jeweiligen Herrscher nennenden Münzen hervor. Im Laufe des 6. Jahrhunderts kamen die Westgoten und Franken hinzu. Münzwerte und Münzsystem blieben dem spätantiken und oströmischen Münzwesen angepasst.
Ein Kampf um Rom - Odovacar und Ostgoten
Die Absetzung des letzten weströmischen Kaisers durch den germanischen Heerführer Odovacar bedeutete keinen münzgeschichtlichen Einschnitt. Die Münzen aus der Regierungszeit Odovacars (476-493) in Italien sind ebenfalls pseudoimperiale Gold- und Silbermünzen sowie eigenständige Bronzemünzen mit Bildnis und Monogramm. 493 beseitigte der Ostgote Theoderich seinen Rivalen Odovacar und übernahm im kaiserlichen Auftrag die Regierung. Die Münzprägung des mit Theoderich beginnenden Ostgotenreiches in Italien (493-553) steht ganz in antiker Tradition, wobei Silber- und Kupfermünzen alsbald „nationalisiert“, d.h. mit Namen oder Monogramm der ostgotischen Könige versehen worden sind. Alle ostgotischen Könige sind mit eigenen Münzen in Silber und Kupfer hervorgetreten. Als einziger Ostgotenkönig hat Theoderich auch Goldmünzen (Solidi) mit seinem Monogramm signiert.